Rossmühlen in Norden


orientiert an einer Beschreibung von Gretje Schreiber

vom sehenden Schreiber Michael Röthling




Modell einer Rossmühle an der Bockwindmühle in Dornum


Rossmühlen


Mit der Ära der Bockwindmühlen gab es eine weitere sehr leistungsfähige Mühlenart, die nicht von Wind und Wasser abhängig war, die Rossmühle.


23. Rosspeldemühle, Neuer Weg 29, Norden Osterkluft 5. Rott, Haus Nr. 89 (101)

Erste Erwähnung: 1711

Typ: Rossmühle

Funktion: Peldemühle

In Betrieb bis: vor 1852

Besitzer Johann Dircks, Ukowallist, hatte diese Mühle im Jahre 1729 von Dirck Aries

erworben, der diese Mühle schon seit achtzehn Jahren in diesem Haus am Neuen Weg in Gebrauch hatte (1711).

Angefertigt war die Rossmühle von dem inzwischen verstorbenen Willem Peters.

Zuerst hatte Johann Dircks mit vier Pferden gearbeitet, dann aber wegen der Auftragslage ein Pferd abgeschafft. In der Mühle wurde anschließend mit zwei Pferden gemahlen. Die Mühle konnte nicht mehr als eine Tonne Gerste zu Pelde Gerste oder Grütze verarbeiten.

Die Erlaubnis zum Halten der Mühle hatte Johann Dircks im Jahre 1735 von niemanden erhalten. Nach Aussage des Müllers läge der Nutzen einer Rossmühle darin, dass bei Windstille den Leuten geholfen wurde und die Bäcker ihr Brot backen konnten.

Im Jahre 1756 muss Jan Dirks dann aber eine jährliche Rekognition von 2 Reichstaler geben. Er „mahlet Gärste, bekommt für das Vierdup Pelde Gärste oder Gärsten Grupen 4 Schaf 10 Witt und für Friesische Grütze für das Vierdup 5 Schaf“.

Diese Rossmühle kommt anschließend in den Besitz des Meister Jacob Stroomann, dem 1774 das Recht erteilt wurde, mit drei Pferden mahlen zu dürfen.


1794 verkaufen M. Jacob Strooman und Aeltje Janssen ihr Haus am Neuen Weg mit dem dazu gehörigen Garten, der Scheune und drei Äcker über der Großen Hinterlohne, wie auch die darin stehenden Rossmühle an Meister Janssen Spree. Für die Rossmühle sind jetzt an die königliche Rentei 2 Reichstaler Konzessionsgeld nebst Schreibgeld zu zahlen.

Am 17. September 1798 ersteigert Jan Conrads das Haus mit der Rossmühle. Am 5. August 1802 setzt Jan Conrads einen Tauschvertrag auf und zwar mit den Söhnen des verstorbenen Hausmannes Jibbe Alberts, als Onne, Jacob und Jan Jibben Alberts sowie der Mutter und Witwe Antje Jacobs. Jan Conradts überlässt der Witwe und ihren Söhnen sein Haus nebst Scheune und Garten auf dem Neuen Weg, worin er bisher eine Rossmühle betrieben hatte. Als Gegenleistung überlässt die Witwe ihm das Haus Nr. 49 in der kleinen Osterstraße (Osterstraße138), das von Ludwig

Willems herrührt und welches von ihrem Sohn vor Tagen angekauftwar, samt einer baren Zugabe.


Rossmühle Osterstraße 138 Osterkluft 3. Rott, Haus Nr. 49 (50)

mit ehemaliger Rossmühle.

Die Häuser am Neuer Weg gehörten seit 1614 bzw. 1615 allesamt zur Osterkluft. Bis dahin wurde die westliche Straßenseite der Süderkluft zugerechnet, die östliche hingegen immer schon zur Osterkluft. (1)

Am 16. Mai 1808 veräußert der Rossmüller Jan Conradts das von ihm eingetauschte Haus mit der darin befindlichen Rossmühle, „der 40 Jahre für das Publicum malte und peldete“.


Doornkaatsche Rossmühle

Um1820 wird hier ein Packhaus, Nebengebäude, Rossmühle und Scheune erwähnt.

1846 hat Jan ten Doornkaat Koolman seine vom verstorbenen Jan Conrad erstandene Rossmühle seinen Söhnen Jan und Fiepke Doornkaat Koolman übertragen. Die Rossmühle sollte für die Brennerei verwendet werden und sie möchten auch für das Publikum mahlen und pelden.


Da die Brüder Doornkaat Koolman keine Erlaubnis zum pelden und mahlen erhielten, haben sie sich eine Mühle, die durch Dampf angetrieben wird, angeschafft. Ab 1852 wird ein Packhaus vonJ. und F. ten Doornkaat Koolman aufgeführt.

Von einer Rossmühle ist längst keine Rede mehr.


24.25.26. Rosspeldemühle, Sielstraße, Norden 

Erste Erwähnung: 1710

Typ: 3 Rossmühlen

Funktion: Peldemühle, Grützemühle

In Betrieb bis: unbekannt

Hinrich Siemens ist Besitzer dieser Rossmühle, die er schon fünfundzwanzig Jahre lang im Besitz hat. Seit dreißig Jahren arbeitet er mit einer Rossmühle. Er hielt sich zwei Pferde, mit denen er auf dieser Mühle mahlte.

Gleichzeitig war er Besitzer von zwei weiteren Rossmühlen, die je mit einem Pferd gezogen wurden, eine Mühle war für Haber und Friesische Grütze zuständig und auf der anderen Mühle wurde Buchweizen gemahlen.

Erlaubnis zum Gebrauch der Pelde-Gerste-Mühle hat er bis zu diesem Zeitpunkt (1735) von niemand erhalten. 1740 ist nochmals zu lesen, dass dieser Rossmüller seine Mühle schon länger als dreißig Jahre im Besitz hat und mit zwei Pferden arbeitet. Weitere Nachrichten über diese Mühlen waren nicht zu finden.


27. Rosspeldemühle, Westerstraße 85/86

Erste Erwähnung: 1735

Typ: Rossmühle

Funktion: Peldemühle,

Grützemühle

In Betrieb bis: ca. 1854



Norderkluft 2. Rott, Haus Nr. 517 (677), Norderkluft 2. Rott, Haus Nr. 518 (678),

Rossmühle (1764), Habergrützmühle (1764)


Edo Hinrichs möchte sich 1735 eine Rosspeldemühle in der Westerstraße einrichten. Er ist zudem Besitzer eines Pferdes. 1740 ist zu lesen, dass sich Edo Hinrichs diese Mühle vor fünf Jahren angeschafft hat und jetzt mit vier Pferden arbeitet. Am 21. August 1769 ist Teeke Behrens, Witwe des Johann Melchers entschlossen, ihr Haus mit der Rossmühle öffentlich zu verkaufen. In der Scheune befindet sich die Rossmühle, deren Bestandteile genau beschrieben sind. Auch ist außer der Rossmühle noch eine

kleine „Haber Grütz Mühle“ vorhanden. In der Scheune sind ferner 4 Pferdeställe, wo auch 8 Pferde stehen können, zwei Kuhställe und das Privet(Toilette). Das Haus zahlt jährlich wegen der Rossmühle 2 Reichstaler Konzessionsgeld an die königliche Rentei und auch jährlich einen halben Reichstaler Wachtgeld sowie7 Stüber Pastorengeld.

Käufer wird Hinrich Wohlders Freese.

1774 kommt diese Rossmühle in den Besitz des Jacob Jacobs, der das Haus am

22. Februar 1773 erworben hatte und seine Rossmühle bis 1825 mit zwei Pferden betrieb.

Harm Janssen Grensemann war nachfolgend Besitzer.

Anschließend heißt der Eigentümer Bäcker Hinrich Siebrands Itzen, dem 1829 die Erlaubnis erteilt wird, die von Harm Jabben Grensemann gekaufte Rossmühle zum Grütze machenzu nützen. Für den Gebrauch der Rossmühle sind jährlich an Rekognitionsgeld 2 Reichstaler preußisch Courent und 6 Schaf Schreibgeldan die Rentei zu zahlen.

1845 kommt die Mühle, die in der Westerstraße steht, in den Besitz des Kaufmann Happach. Die Rossmühle des Kaufmann Happach wird nach kurzer Zeit, ca. 1845 auf den Schenkwirt und Mühlenzimmermann Hinrich Bartrams Scheepker übertragen.

1854 reicht der Rossmüller H. B. Scheepker in Norden ein Gesuch ein und bittet um Erlaubnis, ob die Rossmühle in eine Dampfmühle umgewandelt werden kann. U. a. Schrieb Schepker, „...um der Tierquälerei ein Ende zu bereiten und um mehr mit der Grützemühle fabricieren zu können, bitte ich mir die Erlaubniß zu ertheilen rsp. Höheren Orts einzuziehen, daß ich die Roßmühle in eine Dampfmühle umwandle.“

Dem Gesuch wurde nicht stattgegeben.


28. Rosspeldemühle, Mühlenstraße, Norden

Erste Erwähnung: 1740

Typ: Rossmühle

Funktion: Peldemühle

In Betrieb bis: unbekannt

1740 baut sich Rickert Jibben in der Mühlenstraße eine Rosspeldemühle.



29. Rossölmühle, Hinterlohne, Norden 

Erste Erwähnung: 1821

Typ: Rossmühle

Funktion: Ölmühle

In Betrieb bis: 1853


1821 reichen die Kaufleute Wellenkamp und Fridag ein Gesuch ein, um eine Konzession zur Anlegung einer Rossölmühle in ihrem Packhaus zwischen den beiden sogenannten Hinterlohnenzu erhalten.

Durchgehend zur Großen Hinterlohne wird folgend unter der Nummer 102 ein Packhaus, Nebengebäude, Rossölmühle, Haus, Scheune von Johann H. Wellenkamp genannt. Der Besitz wird am 16. Dezember 1840 im Brandkataster aufgenommen.

1845 reicht der Kaufmann G. C. Wellenkamp zu Norden ein weiteres Gesuch ein und bittet um Erlaubnis zur Erweiterung seiner Rossölmühle und Verwandlung in eine Dampfmühle. Dem Gesuch um Erhalt einer Konzession zur Anlage eines Peldeganges zum Grütze machen sowie der Verwandlung in eine Dampfmühle wurde nicht stattgegeben.

Von den Erben der Familie Wellenkamp wurde die Rossölmühle ca. 1849 an den

Eisenhändler G. J. Wübbens verkauft, der dann die Rossölmühle in eine Dampfölmühle umwandelt. Wegen Umwandlung dieser Rossölmühle in eine Dampfölmühle wurde die Versicherung bis zur Herstellung der früheren Triebkraft (durch Pferde) am 19.August 1853 sistiert.


30. Rossölmühle „ein Hauß die Öljeschlage genannt“ (AmFräuleinshof) Norden

Erste Erwähnung: 1542

Typ: Rossmühle

Funktion: Ölmühle

In Betrieb bis: zirka 1746, wahrscheinlich früher


Diese Rossölmühle stand auf dem Grundstück des Dominikanerklosters.

Für die Verarbeitung von Ölsaaten, die seit jeher in den fruchtbaren Marschen angeboten wurden, wird schon 1542 die „ölyemole“ am „Broder Kerkhoeff“ bezeugt. Die Gewinnung des Öls fand in den Ölmühlen statt, wo es aus den Samen von Flachs, Raps und Rübsen

gepresst wurde. Diesen Vorgang bezeichnete man auch als Ölschlagen. Entsprechend wurden die Ölmühlen auch Ölschlägereien und die Ölmüller auch Ölschläger oder „Öljeschlager“ genannt. Die kleineren Ölmühlen brachten es als Tagesertrag auf cirka 40 Liter Öl.



Leistung einer Rossmühle


Eine Rossmühle wird per Pferdekraft bewegt. Im Regelfall waren 2 Pferde im Einsatz. Der Einsatz in einer Rossmühle war für die Pferde sehr belastend und führte zu starkem Verschleiß an den Gelenken. Um die Pferde nicht über Gebühr zu belasten, wurden sie nach 4 Stunden Arbeit ausgeschirrt und kamen auf die Weide oder in den Stall.


Interessant sind die Ausführungen zu 27. Ross Peldemühle Wester Straße, Norden, im Jahr 1854:

„ U. a. Schrieb Schepker, „...um der Tierquälerei ein Ende zu bereiten

Diese Worte sind im Zusammenhang mit einer Genehmigung für eine Dampfmühle zu lesen. Dem Gesuch wurde nicht stattgegeben.


Bei der Rosspeldemühle z 23. Neuer Weg 29, Norden, wird geschrieben:

Die Mühle konnte nicht mehr als eine Tonne Gerste zu Pelde Gerste oder Grütze verarbeiten, zur Erinnerung: 1 Tonne entspricht 20 Zentnern, also 20 Sack a 50 Kilogramm. Wobei in der damaligen Zeit ein Sack auch gerne 80 Kg fassen konnte.


In der Literatur wird berichtet, dass auf der Göpelstange gerne ein kleines Kind gesessen und über den Lauf der Pferde gewacht hat. Diese Aufgabe war sehr monoton und einschläfernd. Irgendwann wurde der kleine Kerl von der Müdigkeit übermannt und ist eingeschlafen. Mit Pech ist er von der Göpelstange gefallen.

Die Pferde waren wohltrainiert und sind bei Auffälligkeiten in der Umgebung sofort stehen geblieben, wobei der Mühlstein sicherlich nachgelaufen ist und das große Kammrad noch gedreht hat.



Quellen:

1. Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 56

Der Text von Gretje Schreiber wird hier mit ihrer Zustimmung eingestellt.



Auf der Festung Bourtange in den Niederlanden gibt es eine kleine Rossmühle. Hier gibt es ein Bilderalbum.

Rossmühle Festung Bourtange


25.01.2021 M. R.